Jubiläumswochenende „500 Jahre Wormser Reichstag“
Auf Luthers Spuren in der Wetterau
HortienNatur- und Kulturführerin Anne Paech bietet Luther-Stadtführung durch Friedberg an. Aktuell können sie wegen der Corona-Pandemie aber nicht stattfinden. Hier steht sie vor dem Haus, in dem Luther 1521 übernachtet haben soll.18.04.2021 ahrt Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
1521 weigerte sich Martin Luther wagemutig vor dem Wormser Reichstag, seine revolutionären Ideen vom vorangegangenen Thesenanschlag in Wittenberg zu widerrufen. Am 17. April 2021 jährt sich dieses historische Ereignis zum 500. Mal. Auf seiner Reise zum Reichstag und zurück ist der Reformator auch durch die Wetterau gekommen. Davon erzählt auch Natur- und Kulturführerin Anne Paech bei ihrer Luther-Stadtführung durch Friedberg, die wegen der Corona-Pandemie aktuell leider nicht stattfinden kann.
Martin Luther soll auf der Rückreise aus Worms am 28. April 1521 in Friedberg übernachtet haben, der Überlieferung nach im damaligen Gasthaus „zum Grünberg“, dem heutigen „Betten Decher“. Vor dem Bürgerhospital erinnert eine Luther-Eiche an den Reformator.
Luther in der Wetterau: Breite Straße statt Kaiserstraße
Luthers Weg durch Friedberg beginnt am heutigen Europaplatz, innerhalb der Mainzer-Tor-Anlage, wo bis Mitte des 19 Jahrhunderts der Friedhof der Stadt war. „Durch das südliche Tor und die ‚Mainzer Thor Vorstadt‘ ging es für ihn auf die ‚Breite Straße‘, wie die Kaiserstraße zur Zeit Luthers genannt wurde“, erklärt Paech. „Dabei ist Luther sicher auch am ältesten Haus Friedbergs vorbeigekommen“, dem heutigen Schuh-Werk im Kaiserhof in der Kaiserstraße 118.
Ein Weggefährte Martin Luthers war der Theologe Erasmus Alberus, der in Bruchenbrücken geboren ist. Dessen Großvater wohnte ebenfalls auf der Kaiserstraße, im Haus über der heutigen „Passage am Markt“.
Luther in der Wetterau: Markthallen an der Schirngasse
In einer dicken Mappe hat Paech zahlreiche historische Bilder und Zeichnungen gesammelt, die die Kaiserstraße von früher zeigen. Vieles stammt aus dem Stadtarchiv. Zu Luthers Zeiten waren die beiden Häuser links und rechts der heutigen Schirngasse zum Beispiel noch Markthallen oder offene Marktstände, „denn dafür steht das Wort Schirn“, erklärt Paech. An der Hauswand der Bücherei Bindernagel ist eine entsprechende Zeichnung zu sehen.
An der Hausecke der Brotschirn, in der sich heute die Bäckerei Siebenkorn befindet, muss Luther die Figur einer Jungfrau gesehen haben. Das Besondere daran: „Bis heute ist nicht klar, ob es die Darstellung einer Heiligen oder einer Magd ist“, sagt Paech, die ein Foto der Figur zeigt. Sie ist heute allerdings nicht mehr in Friedberg zu sehen, sondern steht im Germanischen Museum in Nürnberg.
Luther in der Wetterau: Parade zu Ehren Martin Luthers
„Auch das Haus ‚Zum Eisernen Hut‘ stand zu Luthers Zeiten schon“, fährt Paech fort. Heute ist dort das Haushaltswarengeschäft Mangels. „Dort lebte Rudolf Rule, der Notar in der Kanzlei Karls IV. war. Er war unter anderem auf dem Reichstag zu Nürnberg 1355 aktiv, auf dem der größte Teil der goldenen Bulle, verfasst wurde, dem kaiserlichen Gesetzbuch, das bis 1806 das wichtigste der ‚Grundgesetze‘ des Heiligen Römischen Reiches war.“
1883 fand in Friedberg eine große Feierlichkeit zu Ehren Luthers mit einer Parade auf der Kaiserstraße statt. Auch davon zeigt Paech Bilder. Damals wurde eine Erinnerungstafel am Haus Nummer 32, in dem Luther übernachtet haben soll, angebracht und eine Lutherlinde gepflanzt. „Die steht heute aber nicht mehr.“
Luther in der Wetterau: Route umstritten
Sein Weg auf der Kaiserstraße führte Luther bis kurz vor die Burg. „Mitten auf der Straße stand dort im 16 Jahrhundert noch die Katharinenkirche, die den Burgbewohnern die Sicht in die Stadt versperrt hat“, weiß Paech. Überhaupt gab es in Friedberg früher mehr Kirchen als heute. An dieser Stelle bog Luther in die Usagasse ab und verlies schließlich die Stadt.
Es ist umstritten, welche Route Luther dann eingeschlagen hat: Für die Ostroute über Hungen spricht, dass sie dem kürzeren Wegeverlauf der „Kurzen Hessen“ folgt. Die Westroute über Lich, durch das Burggelände Friedbergs, belegen historische Dokumente, welche die Unterbringung eines „Doctor Lutter“ in Lich bezeugen. In einem Brief aus Friedberg schreibt Luther an seinen Freund Georg Spalatin: „…heute reisen wir nach Grünberg. Weiter kann ich nichts schreiben…“. Bei Laubach treffen die Wege wieder zusammen.
Luther in der Wetterau: Lutherrose aus Steinfurth in Worms
Am Fünf-Finger-Platz, wo heute eine Infotafel auf Luthers Zeit in Friedberg hinweist, teilt sich auch der Pilger- und Wanderweg „Lutherweg 1521“, der quer durch die Wetterau führt – angefangen im Norden bei der Komtureikirche in Nieder-Weisel. So ist der Reformator noch heute in vielen Teilen der Wetterau präsent.
Zum Reformationsjubiläum 2017 wurde der Pilger- und Wanderweg zwischen der Wartburg und Worms neu belebt, mit einem Pilgerführer, Hinweisschildern und Informationstafeln. In vielen Kirchengemeinden entlang der Route steht seitdem eine Lutherrose aus Steinfurth. Die soll auch beim Festwochenende in Worms gepflanzt werden. Bildungsreferentin Britta Laubvogel aus dem Dekanat wird sie für den Verein „Lutherweg in Hessen“ überreichen.
Festwochenende mit vielfältigem Programm
1521 weigerte sich Martin Luther wagemutig mit den Worten „Hier stehe ich! Ich kann nicht anders“ vor dem Wormser Reichstag, seine revolutionären Ideen zu widerrufen. Zum 500. Jubiläum des historischen Ereignisses stellt sich die Frage, wofür Menschen im 21. Jahrhundert einstehen können und sollten – und was ihnen den Mut geben könnte, zum Wohle aller ihre Stimme gegen Unrecht und Gewalt zu erheben. Die Stadt Worms und die evangelische Kirche begehen das Jubiläumswochenende „500 Jahre Wormser Reichstag“ mit einem vielfältigen Programm. Es wird am Freitag, 16. April, um 16 Uhr von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnet. Die Online-Veranstaltung wird live auf der Homepage des SWR gestreamt. Der SWR übertragt am Samstag, 17. April, um 23 Uhr außerdem die Multimedia-Inszenierung „Der Luther-Moment“ live aus Worms. Am Sonntag, 18. April, überträgt das ZDF einen Festgottesdienst ab 9.30 Uhr aus der Wormser Magnuskirche. Am 3. Juli wird zudem die Landesausstellung „Hier stehe ich. Gewissen und Protest – 1521 bis 2021“ in Worms eröffnet.